Informationen zum Stottern

Stottern ist eine Störung des Redeflusses, die meist im Kindesalter auftritt. Der durchschnittliche Beginn der Störung liegt im
3. Lebensjahr (34 LM). Viele Kinder überwinden ihr Stottern innerhalb weniger Monate wieder, bei 20 bis 40 Prozent der betroffenen
Kinder ist dies allerdings nicht der Fall. Da man heute noch nicht sicher vorhersagen kann, welches Kind eine Remission erfahren
wird und welches nicht, ist es wichtig, optimale Voraussetzungen für eine Überwindung der Störung zu schaffen. Lange Zeit
bestand die Annahme, dass Stottern ein normaler Prozess der Sprachentwicklung sei (sog. „Entwicklungsstottern“). Aktuelle
Foschungsergebnisse zeigen jedoch, dass dies nicht so ist, sondern dass zwischen normalen, funktionellen Unflüssigkeiten, die
jeder in seinem Sprechen mehr oder weniger zeigt, und Stottern unterschieden werden muss (Sandrieser & Schneider, 2008;
Yairi & Ambrose, 2005).

Normale Unflüssigkeiten sind:

  • Wiederholungen eines oder mehrerer Wörter (z. B. „Ich ich ich ich komme.“)
  • Pausen, Betonungen
  • Satzabbrüche- und Korrekturen (z. B. „Die Katze sitzt auf – unter dem Tisch.“)
  • Floskeln und Einschübe (z. B. „Ähm…“)

Stottern ist:

  • Wiederholungen von Lauten, Silben oder Teilwörtern (z. B. Ba-Ba-Ba-Ball)
  • Dehnungen (z. B. Baaaaaall)
  • Blockierungen (z. B. bei Ball)

Diese sog. Kernsymptome treten unfreiwillig auf. Bei dem Versuch, trotzdem flüssig weiterzusprechen, strengen sich viele Kinder
an oder vermeiden bestimmte Wörter ganz (Begleitsymptomatik – Ankämpf- und Vermeideverhalten, Sandrieser & Schneider, 2008).
Dies führt wiederum zur Verstärkung des Stotterns.
Durch die bisherige Forschung weiß man außerdem, dass die meisten Kinder ihr Stottern von Anfang an wahrnehmen und man
ihnen hilft, wenn in kindgerechter Weise darüber gesprochen wird. Ein Nicht-Ansprechen des Stotterns führt oft dazu, dass ein
betroffenes Kind denkt, sein Stottern ist so schlimm, dass man gar darüber nicht sprechen kann. Ein Abwehr- oder Vermeideverhalten
kann sich entwickeln, was der Überwindung der Störung entgegensteht (Begleitsymptomatik – psychische Reaktionen).

Die Wechselwirkung zwischen Kern- und Begleitsymptomatik ist in unten stehender Grafik dargestellt.
(Quelle: Sandrieser & Schneider, 2008)

Günstige Verhaltensweisen im Umgang mit einem stotternden Kind sind:

  • Blickkontakt halten und Zuhören
  • ausreden lassen, nicht das Wort oder den Satz ergänzen, bei dem das Kind gerade „hängen bleibt“
  • gelassen und ruhig bleiben
  • keine gut gemeinten Ratschläge wie „Hol erst mal tief Luft!“ oder „Denk erst nach, bevor du sprichst!“, denn das führt nur dazu, dass das Kind noch mehr unter Druck gerät
  • wenn das Kind sich sehr anstrengt, kann man das thematisieren, z. B. „Das Wort kam aber schwer raus.“

Eine Behandlung ist erforderlich, wenn ein Kind die o.g. Symptome sehr häufig zeigt, sich beim Sprechen sehr anstrengt oder
frustriert ist und sich aufgrund des Stotterns zurückzieht (sekundäre psychische Reaktionen). Sind die Eltern sehr besorgt
oder stark verunsichert, ist zudem eine Elternberatung indiziert. Eine Therapie kann unabhängig vom Alter des Kindes und
dem Zeitraum seit Beginn des Stotterns
durchgeführt werden.

Literatur:
Sandrieser, P.; Schneider, P. (2008). Stottern im Kindesalter. Stuttgart: Thieme.
Yairi, E.; Ambrose, N.G. (2005). Early childhood stuttering for clinicans by clinicans. Austin: Pro Ed